Kleeblatt Jazz #3: Der Moment

02. 12. 2022 um Uhr

Freitag, 2. Dezember 2022, 20 Uhr, Dorfkino Lögow Jazz am Helmholtzplatz zu Gast im Dorfkino Lögow www.jazzamhelmholtzplatz.com Eintritt 10 Euro Ticketlink:https://www.eventbrite.de/e/kleeblatt-jazz-3-der-moment-tickets-457054411047 KLEEBLATT JAZZ #3: DER MOMENT Ein Konzert aus der Reihe: 60 Jahre TOWARD JAZZ – eine Hommage an den französischen Jazzkritiker, Komponisten und Musiker André Hodeir (1920-2011) Johannes Fink – cello Matthias Rosenbauer – drums Gerhard Gschlössl – trombone „Manchmal ist sogar die Musik von sich selbst überrascht“ vermuten die drei Musiker, die sich alle schon in unterschiedlichsten Projekten, mit verschiedenen Bands und Interpreten einen Namen gemacht haben. Es werden ausschließlich Eigenkompositionen gespielt, deren Interpretationen bisweilen ungeahnte Wendungen nehmen – „Der Moment“ ist Programm. Text: Der Moment „Das New-Jazz-Programm von Der Moment liegt auf einer ähnlichen Linie der unbekümmerten Stilmischung von moderner Tradition und Avantgarde. Die drei sind ein echt gleichberechtigtes Kollektiv mit einer Vorliebe für humorig-ausgebuffte Themen, die in immer neuen abgedrehten Rhythmen daherkommen. Raffinierte Arrangements wechseln mit risikofreudigen Interaktionen. Spielwitz und Spielfreude feiern munter heitere Urstände, und man fragt sich, wo der Posaunist die Energie und Ansatzkraft hernimmt, stets derart präsent zu sein.“ (Rondo) In seinen Kompositionen nahm André Hodeir immer auch Bezug zur Kammermusik, ebenso wie zu experimentelleren und ungewöhnlichen Klängen und Bläsersätzen. Auch die Band DER MOMENT bewegt sich zwischen diesen Polen, wobei die Improvisation ein wichtiges Element ihrer Musik ist. Gleichzeitig ließ sich Hodeir von Jazzstandards beeinflussen und paraphrasierte sie, beschäftigte sich aber auch schreibend in der Theorie mit ihnen. Die Band DER MOMENT wird also an diesem Abend im Dorfkino Lögow Reinterpretationen von Standards à la Hodeir präsentieren, auch in dem Einführungsvortrag wird dazu Bezug genommen. ZUR REIHE: Jazz am Helmholtzplatz zu Gast im Dorfkino Lögow und im Gut Tornow in Ostprignitz – Ruppin (Kleeblattregion) www.jazzamhelmholtzplatz.com www.dorfkinoloegow.de Schulstr. 2, 16845 Lögow bei Wusterhausen www.gut-tornow.de Tornower Str. 24, 16866 Tornow bei Wusterhausen EINTRITT 10/8 EURO Vor 60 Jahren erschien in New York die Übersetzung etlicher Texte des französischen Jazzmusikers, Komponisten und Kritikers André Hodeir als Buch mit dem Titel „Toward Jazz“ (New York, 1962), das erst später in einer französischen Ausgabe mit dem Titel „Jazzistiques“ veröffentlicht wurde. Hodeir war bereits als Autor einiger Bücher zum Jazz hervorgetreten: „Le jazz, cet inconnu“ (1946), „Introduction à la musique du jazz“ (1948) und „Hommes et problèmes du jazz“ (1954), das im Jahr 1956 ins Englische übersetzt in den USA erschienen war. Wer war dieser Mann, ein Franzose, dessen Gedanken zum Jazz in den USA mit Faszination rezipiert wurden? Und welche Bedeutung hatte das Erscheinen von „Toward Jazz“ in den USA und in Frankreich im Jahr 1962? Der Jazz war in den 1950-er Jahren immer noch ein recht neues musikalisches Genre, das der Unterhaltungsmusik zugeschrieben wurde und äußerst populär war. Gleichzeitig veränderte es sich rasant, erfuhr kontinuierliche Innovationen und beeinflusste das Entstehen neuer Musikrichtungen. Sowohl die Jazzmusiker*innen als auch das Publikum versuchten, den Jazz als künstlerisches, politisches und gesellschaftlich relevantes Phänomen zu verstehen und André Hodeir leistete dazu einen Beitrag. Er schrieb über viele der bedeutendsten Jazzmusiker der Zeit: Monk, Gillespie, Coltrane, Ellington, Parker, Carter, Davis – denen er teilweise auch persönlich begegnete. In Frankreich entstanden parallel zum Entstehen neuer künstlerischer Strömungen auch Publikationen, in denen sich Kritiker*innen mit diesen Entwicklungen auseinandersetzten – wie beispielsweise auch André Hodeir oder Boris Vian. Das galt nicht nur für den Jazz, sondern auch für den Film. Jean-Luc Godard beispielsweise schrieb wegbereitende Texte über den Film und drehte innovative Filme. Vielleicht war André Hodeir für den Jazz das, was Jean-Luc Godard für den Film der „Nouvelle Vague“ in Frankreich war. André Hodeir war einer der Autoren, der sich um eine systematische Betrachtungsweise, um eine Beschreibung des Jazz und seiner Protagonist*innen und um eine persönliche Auseinandersetzung mit dieser Musikrichtung bemühte und der so natürlich auch Perspektiven auf die Entwicklung des Jazz schärfte und mit beeinflusste. Darüber hinaus war er selber Jazzmusiker. Er studierte klassische Geige am Pariser Konservatorium, unter anderem bei Olivier Messiaen und begann noch unter der deutschen Besatzung im Hot Club de Jazz mit verschiedenen Bands und Musikern wie Django Reinhardt zu spielen. Da der Jazz aber eigentlich in Paris zu Zeiten der Okkupation verboten war, mussten die Bands sich Strategien überlegen, um diesem Verbot zu entgehen. Das taten sie, indem sie amerikanischen Standards französische Titel gaben: aus „Sweet Georgia Brown“ wurde beispielsweise „Douce Georgette“. Außerdem erfanden sie für sich Pseudonyme. André Hodeir beispielsweise gab sich den Namen „Claude Laurence“, unter dem er auch ein eigenes „ Orchester“ leitete. Trotz des Verbots war der Jazz die in Paris überall präsente Musik, auch während der Okkupation, und es gab über fünfzig Bars und Clubs, in denen er Jazz zelebriert wurde. In den 1940-er Jahren kam Hodeir über Henri Crolla zur Filmmusik und arrangierte von Django Reinhardt verfasste Kompositionen für den Film „Le village de la colère“ (1947/48) von Raoul André. Später verfasste er die Musik für Filme von Jacques Cousteau, Alain Resnais, Chris Marker und für populäre Spielfilme mit Brigitte Bardot in der Hauptrolle, unter anderem für „La Parisienne“ (1957) von Michel Boisrond. Die Entwicklungen des Jazz in den USA nahm er sehr genau wahr. Neben seiner kontinuierlichen Tätigkeit als Jazzkritiker und Chefredakteur der Zeitung des „Hot Club de France“ komponierte und spielte er weiter Jazzgeige. 1954 gründete er „Le Jazz Groupe de Paris“ und studierte eigene Kompositionen ein, die er später auch nach New York brachte. Sowohl in Paris als auch in New York arbeitete Hodeir eng mit dem amerikanischen Jazzdrummer Kenny Clarke zusammen, der regelmäßig mit Miles Davis spielte. Hodeir hatte eine ganz eigene Einstellung zur Improvisation im Jazz, die er unter anderem in „Toward Jazz“ darlegte. Trotz seines Engagements im Jazz verschloss er sich auch den Tendenzen der Neuen Musik nicht, war einer der Wegbereiter des „Third Stream“ (der Verbindung von Neuer Musik und Jazz) und nahm an der Jazzsparte des Festivals für Neue Musik in Donaueschingen 1957 teil. Schon Ende der 1940-er Jahre hatte er sich für neue Entwicklungen des Jazz wie den Bebop in Frankreich stark gemacht und war damit zunächst auf etliche „taube Ohren“ gestoßen. Seine Auseinandersetzung mit dem rückwärtsgewandten Hugues Panassié, dem Gründer des Hot Club de France und ebenfalls Autor, Komponist und Musiker, ist legendär (die Korrespondenz zwischen beiden liegt in Buchform vor). Hodeir begleitete einen wichtigen Abschnitt der Jazzgeschichte des 20. Jahrhunderts also sowohl aktiv als Musiker, persönlich im Kontakt mit den französischen und amerikanischen Jazzmusiker*innen seiner Zeit und als reflektierender Autor. Aus der Gegenwart heraus betrachtet war André Hodeir nicht nur ein Autor und Komponist, der zeitlose Werke geschrieben und komponiert hat, sondern auch ein Zeitzeuge, der einen ganz persönlichen Zugang zu dem Phänomen und den Akteuren des Jazz hatte und mit ihnen interagierte. Er ging in seinen Schriften aber nie so weit, Anekdoten zu erzählen und hielt seine persönlichen Zusammentreffen mit den Musikern aus den Texten meist heraus. Paris galt nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges als Jazzhauptstadt in Europa. Viele amerikanische Jazzmusiker wie Miles Davis oder Dizzy Gillespie kamen nach Paris, meist über den amerikanischen Empresario Norman Granz oder über den französischen Produzenten Charles Delaunay. Diese Musiker kamen oft alleine, ohne ihre Band, und spielten dann mit französischen „Sidemen“, die heute fast nur in Frankreich noch einen Namen haben wie Martial Solal, Hubert Rostaing, Claude Bolling, Barney Wilen, die Brüder Raymond und Hubert Fol, René Urtreger, Fats Sadi oder Roger Guérin. Über die Auftritte in Paris wurden die amerikanischen Musiker auch in Europa bekannt und zu internationalen Stars. Die Reihe „Kleeblatt Contemporary Jazz“ in der Kleeblattregion geht nun zur dritten Ausgabe über, die diesmal mithilfe einer Förderung des Landes Brandenburg und des Landkreises Ostprignitz- Ruppin umgesetzt werden kann und erneut im Dorfkino Lögow und auf Gut Tornow stattfindet. Im Rahmen der organisierten Konzerte möchte der Verein Jazz am Helmholtzplatz einen themen – und diskursorientierten Ansatz zum Jazz, aber auch zu politischen und historischen Fragen fortführen und etablieren. Es sind diesmal fünf Bands eingeladen worden, die alle sehr unterschiedliche Zugänge zum Jazz haben und alle auf einem hohen Niveau agieren - sowohl der Jazz Manouche, als auch Funk, experimentellere und zeitgenössischere Strömungen sind vertreten. Allen fünf Konzerten sind Einführungsvorträge vorangestellt, die jeweils zu den Themenbereichen aus dem Buch „Toward Jazz“ Bezug nehmen. Dank der freundlichen Unterstützung von Madame Hodeir, der Ehefrau von André Hodeir, ist es möglich geworden, dass die Bands auf Originalkompositionen von André Hodeir zurückgreifen können. Alle fünf Bands spielen daher ungefähr vier Kompositionen von Hodeir und präsentieren desweiteren ihre eigenen Stücke. Nach den Konzerten kann gerne weiter diskutiert werden. Die Konzerte aus der Reihe finden am 2. September, 3. Oktober, 8. Oktober, 2. und 3. Dezember 2022 statt. Einführungsvorträge beginnen jeweils eine halbe Stunde vor Konzertbeginn. Idee und Umsetzung „Kleeblatt Contemporary Jazz“: Dr. Regina Câmara Locations: Dorfkino Lögow und Gut Tornow Poster/Flyer: Dr. Zoran Terzić Graphik Programm: Holger Stück Kasse: Carolina Câmara Schlagzeug: Greg Smith Herzlichen Dank an Madame Michelle Hodeir für die Bereitstellung der Originalnoten.

 

Veranstaltungsort

Dorfkino Lögow, Inh.: Andreas Hahm-Gerling, Schulstr. 2, 16845 Lögow,

 

Veranstalter

Jazz am Helmholtzplatz e.V.

 
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